Anwenderbericht

Im Gespräch mit einem Star der digitalen Kunstwelt

Im Gespräch mit einem Star der digitalen Kunstwelt

Michaels starke Social-Media-Präsenz und seine bahnbrechenden Arbeiten machen ihn zu einem der einflussreichsten 3D-Künstler weltweit. Wenn er nicht gerade das Geheimnis seiner faszinierenden Arbeiten auf YouTube teilt, ist Michael Director of Character, Weapon and Vehicle Art bei Certain Affinity in Austin, Texas. Spezialisiert ist er auf 3D-Konzeptzeichnungen für Videospiel-Franchises wie Halo, Call of Duty und DOOM.

1. Kannst Du mir etwas über Dich erzählen und warum Du im Bereich Animationsdesign arbeiten wolltest?

Wie für viele in meinem Alter waren Star Wars und ähnliche Filme eine große Inspiration, ebenso wie Zeichentrickfilme und Actionfiguren, die direkt auf mein jugendliches Denken zugeschnitten waren (He-Man, Transformers, Teenage Mutant Ninja Turtles, etc.). Der eigentliche Anstoß kam jedoch, als ich die Computeranimation in Terminator 2 und Jurassic Park sah und darüber las, wie sie entstanden sind. Die Erkenntnis, dass es einen Job gibt, in dem man Dinosaurier digital zum Leben erweckt, war atemberaubend.

Was Spiele angeht, so waren On-Rails-3D-Spiele wie The 7th Guest und Myst schon früh eine wichtige und unterhaltsame Heranführung an „digitales“ Entertainment. Dabei ging es weniger um das eigentliche Spielen oder die Spielmechanik, sondern eher um das Erleben einer 3D-Welt, die sich damals bereits völlig real anfühlte, selbst in der Auflösung 640 x 480 und mit einer begrenzten Farbpalette. Im Bereich der „3D-ähnlichen“ Sprite-basierten Spiele habe ich unzählige Stunden mit Doom, Mortal Kombat und Earthworm Jim verbracht, was mich schließlich zu echten 3D-Spielen wie Mario 64 und Goldeneye brachte. Das war wahrscheinlich der Höhepunkt meines Spielekonsums. Damals hat sich auch die Idee verfestigt, dass ich tatsächlich in der Lage sein könnte, meinen Lebensunterhalt mit der Entwicklung von 3D-Spielen zu verdienen.

2. Wie erklärst Du Dir Deine florierende Social-Media-Fangemeinde?
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber wenn ich eine Vermutung anstellen müsste, würde ich sagen, es liegt daran, dass ich regelmäßig Inhalte poste, die die Leute interessant finden. Obwohl ich, um ehrlich zu sein, alles andere als konsequent bin, und auch darüber, ob meine Inhalte interessant sind, lässt sich sicherlich diskutieren. Ich würde sagen, dass ich ziemlich schlecht bei der „traditionellen“ Produktion ansprechender Videos bin. Mit dem sogenannten „menschlichen“ Element, wie zum Beispiel, dass ich vor der Kamera spreche oder dass mein Gesicht auf jedem YouTube-Thumbnail zu sehen ist, tue ich mich schwer. Ich bin auch nicht gut im Promoten von Videos, Teilen von Links, Leute daran zu erinnern, den „Gefällt mir“- und „Abonnieren“-Button zu drücken oder daran zu denken, etwas Sinnvolles auf Twitter, Instagram, Facebook, LinkedIn etc. zu posten.

3. Hast Du eine persönliche Definition dafür, was „Talent“ im Bereich Animation und 3D-Design bedeutet?

Sicherlich, und das gilt auch für jedes andere Fachgebiet – Übung, Übung und noch mehr Übung. Zumindest auf mich persönlich trifft Folgendes zu: Alle meine Kreationen, die bei irgendjemandem eine „Wow, das ist wirklich großartig“-Reaktion hervorrufen, sind meistens ein Produkt dessen, was meine Fans eigentlich nicht sehen. Es beinhaltet unzählige Stunden des Übens, peinliche Fehler, zufällige Lösungen, Lesen und Anschauen von endlosen Tutorials und Produktanleitungen und das Anfertigen von Notizen zu all diesem Wissen, weil ich sonst den Großteil des Gelernten sofort wieder vergesse.

Obendrein ist mein Archiv übersät mit meinen eigenen Videoschnipseln, die alles andere als überragend sind – selbst, wenn ich die Dinge tue, in denen ich eigentlich gut bin. Ich schätze, man könnte sagen, mein größtes Talent ist die Täuschung. Ich bringe die Leute dazu, an mich und mein Talent zu glauben. Ich bin unendlich neidisch auf jeden, der in der Lage ist, Neues zu lernen, bestimmte Techniken anzuwenden und Informationen zu verinnerlichen, ohne dabei all die oben genannten Dinge tun zu müssen. Damit verbringe ich nämlich den Großteil meiner Zeit, was oft ziemlich mühsam ist.

4. Welche Trends beobachtest Du derzeit?
Das ist eine schwierige Frage, denn die Gaming-Branche befindet sich in einem ständigen Wandel. Einerseits entwickelt sich das Medium kontinuierlich weiter (es ist immer noch ziemlich neu im Vergleich zu anderen Unterhaltungsformen), andererseits gibt es ständig neue revolutionäre Tools, Workflows, Pipelines, Hardware und andere Technologien, die einen über Nacht im wahrsten Sinne des Wortes zum Dinosaurier machen können, wenn man nicht aufpasst. Eine einfache Antwort darauf wären aktuell Softwarekonzepte für Prozesse, KI und Machine Learning, aber ich bin mir sicher, dass auch diese Trends in ein paar Jahren schon wieder komplett passé sein werden – das Gleiche gilt für alle Trends, über die ich vor vielleicht einem, fünf oder auch zehn Jahren gesprochen hatte und die jetzt schon längst ein alter Hut sind.

5. Wie beurteilst Du die Zukunft der Branche in Bezug auf Trends und wie sehen andere Leute den Job bzw. wieviel Lust haben sie auf diese Arbeit?
Ich glaube nicht, dass die Leute irgendwann keine Lust mehr haben werden, Filme, Fernsehsendungen oder Videospiele zu machen. Wenn ich in meine persönliche Kristallkugel schaue, sehe ich, dass die Nachfrage mit der Zeit sogar noch weiter steigen wird. Ich hatte gehofft, dass AR und VR inzwischen eine größere Rolle spielen würden, da ich der Meinung bin, dass es ein enormes Potenzial für 3D-Arbeitsplätze und -Anwendungen gibt, die weit über die reine Unterhaltung hinausgehen. Ich denke, dass wir auf einem guten Weg dorthin sind.

6. Was bringt einen Künstler dazu, in Hardware und Tools zu investieren?
Der entscheidende Punkt für mich ist, dass ich weiß, wie viel erfüllender das kreative Arbeiten mit den richtigen Tools sein kann. Ja, man kann mit einem Schlagring eine Statue aus Marmor schnitzen und mit dieser Technik wahrscheinlich ein paar Instagram-Follower gewinnen. Mit den richtigen Werkzeugen kann der Künstler eine potenziell zermürbende Aufgabe in etwas Fesselndes verwandeln und sich vollständig auf die Problemlösung konzentrieren, um so der Perfektion ein Stück näher zu kommen (so nahe, wie eben möglich), statt ständig mit den Tools zu kämpfen.

Es gibt ein paar Dinge, die den kreativen Prozess zu einem echten Vergnügen machen – fundiertes Wissen über das, was man macht, gepaart mit einem ureigenen Gespür für das Design, das man im Laufe der Jahre verfeinert. Dazu kommen geeignete Tools, die speziell dafür entwickelt wurden, sich voll und ganz auf die anstehende Aufgabe zu konzentrieren. Und schließlich der Workflow, der auf Erfahrung beruht und der es einem ermöglicht, die Tools in der richtigen Reihenfolge einzusetzen, um ein ausgefeiltes Endprodukt zu erstellen.

7. Welche Probleme lassen sich mit Tools wie der SpaceMouse Enterprise lösen?

In der Entwicklung, insbesondere bei der Erstellung von Assets, hat man oft nicht den Luxus, auf ein einziges 3D-Programm mit einer einzigen Navigationsmethode zurückzugreifen. Bei der Nutzung von 3D-Poly-Modellierern über Anwendungen, die auf UVs oder Retopologie spezialisiert sind, bis hin zu Stoffsimulationsprogrammen, Partikeleffekten, Renderprogrammen, Game-Engines, Cad-Modellierernsowie Material- und Texturprogrammen hat man an einem normalen Arbeitstag mit mindestens zwei oder drei völlig unterschiedlichen Navigationsmethoden zu tun. Die Möglichkeit, dabei ein einziges Navigationstool verwenden zu können, mit dem sich das Drehen, Rotieren und Bewegen eines Objekts in der Hand intuitiv nachempfinden lassen, kann das Arbeiten in den verschiedenen Anwendungen erheblich erleichtern.

Selbst 2D-Navigationsprogramme wie Photoshop, Substance Designer, sogar Miro und Whimsical könnten von einer 3D-Navigation profitieren. Man bewegt, dreht und zoomt immer noch, nur jetzt muss man nicht mehr daran denken, Steuerung, Alt, Shift, die linke, rechte oder mittlere Maustaste oder eine beliebige Anzahl von Kombinationen gedrückt zu halten.

8. Wofür sind die Tools hilfreich?
Um die Modelle intuitiv zu bewegen und damit die Freiheit zu haben, mehr Energie in die kreative Arbeit zu stecken, anstatt nach der richtigen Navigation zu suchen – je nachdem, welche drei oder vier Programme man an dem jeweiligen Tag geöffnet hat

9. Was sagst Du zur jüngeren Generation? Wie sehen die jetzigen Uni-Absolventen diesen Beruf? Gehen sie anders an die Arbeit heran als ältere Generationen?

Die Tools und Prozesse haben sich ziemlich verändert, seit ich angefangen habe. Letztendlich geht es bei der Arbeit aber immer noch hauptsächlich darum, Probleme zu lösen, elegante Lösungen für die Entwicklung überzeugender Produkte zu finden und Zeitaufwand und Qualität in Einklang zu bringen. Da sich das Feld ständig perfektioniert (und, wie gesagt, manchmal revolutionäre Fortschritte vollzieht), wird das Lösen von Problemen eine der wichtigsten Arbeitsaufgaben bleiben.
Das Gleichgewicht zu halten zwischen der Entwicklung von neuen Tools und Arbeitsabläufen und der Beherrschung etablierter Techniken sollte oberstes Ziel sein.

Soweit ich erkennen kann, ist die jüngere Generation genauso gut, wenn nicht sogar besser als die ältere. Das Einzige, was ihr die ältere Generation voraushat, ist das technische Know-how – von dem einiges noch aktuell sein mag und anderes nicht mehr – und die Erfahrungswerte in Bezug auf Produktauslieferung, berufliche Stolperfallen, Kommunikation sowie Ästhetik und Ausführung. Das kommt aber mit der Zeit – das ist etwas, was die jüngere Generation nicht bedenkt.